Personzentrierte Krankenhäuser

mein Traum

Wie wäre es, wenn wir in einem Umfeld arbeiten und eine Behandlung bekommen würden, in der der Hauptfokus der Mensch ist. Dass nicht nur die Patienten in Menschlichkeit gesehen werden, sondern auch die Behandelnden, nicht nur die Ärzte sondern alle Berufsgruppen, nicht nur die Arbeitnehmer sondern auch die Arbeitgeber. Dass wir alle einander in unserer Menschlichkeit sehen können. Wie wäre es, wenn unsere Menschlichkeit unsere Hauptorganisationsstruktur wäre? Wie wäre es, wenn wir solche Strukturen hätten, die es uns leichter machen, einfach Mensch zu sein? Wie wäre es, wenn wir eine Kultur hätten, in dem die Menschlichkeit eine hohe Priorität hat? Wie würden unsere Krankenhäuser aussehen? Über solche Sachen traue ich mich wagemutig zu träumen. Ich lade euch ein, dass wir diesen Traum zusammen gestalten.

Ein nächster Schritt in die Richtung dieses Traums sind von mir verfasste Impulstexte.

Wenn Du regelmäßige Impulstexte bekommen möchtest, kannst Du Dich in folgenden Google Formular Anmelden

Text 01

Im Alltag einer Klinik ist es leicht sich in den zahllosen Aufgaben zu verlieren. Diese Woche können wir uns daran erinnern dass wir hier Menschen begegnen, die früher ein selbständiges autonomes Leben gelebt haben und jetzt blitzartig ans Bett gebunden sind, Menschen die Träume und Wünsche haben und jetzt ihre bisherigen Lebensentwürfe hinterfragen müssen. Sie können Ängste haben wie es weiter geht, teilweise in ihrer inneren Welt gesperrt sind und alles was sie sagen wirkt auf uns völlig wirr und kommt bei uns nicht an. Durch unsere Zusammenarbeit als Team schenken wir Hoffnung und Perspektiven. Es geht nicht nur um Bewegung und Alltagsführung sondern auch um die zwischenmenschlichen Begegnungen. Egal wie die körperliche oder geistige Situation gerade ist,  es besteht für uns die Möglichkeit die Würde der menschlichen Begegnung zu jedem schenken. Dies können wir zeigen in unseren Begegnung durch einen warmen Blick oder ein verständnisvolles Nicken, ein freundliches Lächeln oder unser Gewahrsein und Aufmerksamkeit für die Person mit der wir reden. Begegnung ist für mich eine wichtige Quelle einer Hoffnung, die sich nicht nur auf dem aktuellen Lebens grenzt. Wir haben die Möglichkeit zu zeigen, dass egal was mit Körper und Geist los ist, man nie verliert Mensch zu sein.

Günther Mild

Text 02

Einmal wurden drei Bauarbeiter gefragt: was sie tun. Der erste antwortete: ich arbeite weil ich arbeiten muss. Der zweite antwortete ich arbeite um meine Familie zu ernähren. Der Dritte antwortete mit glänzenden Augen: wir bauen eine Schule, dass da künftige Genrationen vieles lernen können.
Wir verbringen einen großen Teil unserer Wachzeit in dieser Klinik. Alle von uns können wählen wie wir den Inhalt und Bewegungsgründe für unsere Handlungen deuten und dies hat einen großen Einfluss auf unser eigenes Erleben. Ich wünsche für alle von uns dass wir mit den Auswirkungen unserer Handlungen in Kontakt kommen. Alle von uns tragen auf unsere Weise dazu bei, dass Mitmenschen mit schwersten Schicksalschlägen einen Schritt weiter begleitet werden. In dieser Woche, wenn wir uns in Gedanken ertappen, dass „viel zu tun ist und wir kommen kaum zu einem Ende“, dann könnten wir kurz innehalten und den Wert und Kraft unserer Handlungen würdigen.

Text 03

Alltagskram mal anders Teil 1

Morgens stehen wir auf und fahren zur Arbeit. Da es gibt bestimmte Abläufe. Nach mehreren Stunden fahren wir nach Hause. Am nächsten Tag stehen wir auf und fahren zur Arbeit. Da sind bestimmte Abläufe. Nach mehreren Stunden fahren wir nach Hause. So geht es jeden Arbeitstag, Jahre lang. Diese Vertrautheit kann uns Vieles leichter machen; und diese Vertrautheit ist es auch, die die Handlungen unserer Kolleg/Innen hinter einer Selsbtverständlichkeit verschleiert. Es ist sehr leicht, die Mühen oder die Schwankungen der Bereitschaft anderer zu übersehen, wenn wir uns an Alltagsabläufe gewöhnt haben. Am meisten halten wir für selbstverständlich, wenn wir morgens in die Klinik gehen, dass andere da sind und die Termine laufen. Hinter den Wänden der Alltagsroutinen wird uns selten der Aufwand der einzelnen Kollegen bewusst. Auch wenn jemand etwas glatt mit der linken Hand erledigen kann, bedeutet das noch nicht, dass die Person jeden Tag die gleiche Bereitschaft und Mühelosigkeit dafür hat. Wir haben auch eine Arbeitskultur im 21. Jahrhundert, indem das Reden über unsere eigene Bereitschaft und Mühe für Alltagsaufgaben ein Tabu ist.

Einer von vielen Schritten dieser entpersonalisierenden Selbstverständlichkeit entgegen zu wirken, ist der ehrliche Ausdruck von Wertschätzung und Dankbarkeit unseren Kolleg/Innen gegenüber. Meine Einladung für diese Woche ist, dass wir unser Gespür für das Entgegenkommen von anderen schärfen und unsere spontane Dankbarkeit in Worte fassen. Wer ist Dir heute schon entgegengekommen?

Günther Mild

Text 04

Stellen wir uns vor, dass wir in ein Krankenhaus gehen, indem niemand Klinikkleidung und Namenschilder trägt. Wie können wir erkennen, dass jemand ein/e Angestellte/r ist?

-Die Angestellten der Klinik gehen viel schneller auf den Gängen…

Dies ist ein sehr interesantes Phänomen. Ich weiß nicht, ob es euch bewusst ist. Oftmals sind wir, überall wo wir hin gehen, in einer unausgesprochenen Eile. Natürlich hat dies verschiedene Gründe und es gibt Situationen, wo es wichtig ist, schnell zu reagieren. Auch so ist meine Einladung: auf manchen Strecken wählen, langsamer zu gehen. In dem wir uns erlauben, den Weg zu spüren. Möge das ein Weg zur Kantine sein oder das Verlassen des Büros am Ende des Arbeitstages. Für alle von uns gibt es Wege, auf denen wir uns erlauben könnten etwas langsamer zu gehen. In meiner Muttersprache, auf ungarisch, gibt es einen alten Spruch: geh langsamer und Du lebst länger. Heutzutage hat dieser Spruch für mich auch eine andere Bedeutung. Wenn wir aktiv wählen etwas langsamer zu gehen: Einerseits üben wir eine aktive Wahl aus. Dies verstärkt in uns die Fähigkeit zu erkennen, wir „müssen“ nicht alles genau so machen wie bis jetzt, nur weil wir es so gemacht haben. Anderseits: langsamer zu gehen erlaubt uns nochmal mehr zu erkennen, was alles auf der Sinneswahrnehmungsebene geschieht. Durch unsere Achtsamkeit werden die gewohnten Wege neue Farbe und Geschmack bekommen. Dies ist ein kleiner Schritt, wie wir leben in unseren Alltag bringen können. Auf welchem Weg könntest Du heute etwas langsamer, bewusster gehen?

Günther Mild